Ich sitze in Hamburg in meinem Hotelzimmer, noch ganz beseelt von einer tollen Lesung, und sinniere vor mich hin. Es gab Sekt und Häppchen, wie es sich für eine ordentliche Buchpremiere so gehört, alle waren freudig entspannt, und gemeinsam stießen wir darauf an, dass das Buch seit dieser Woche auf der Spiegel-Bestsellerliste steht.
Es ist nicht der erste Sekt diese Woche, auch in der Arbeit hatten wir schon einen Grund zum anstoßen gefunden. Als wir schon einmal dabei waren, packte jede der Kolleginen noch einen weiteren Grund drauf. Für mich war es, dass sich mein erster Arbeitstag bei Random House jährte – ein Jahr schon, erst C.Bertelsmann und nun seit September Penguin. Ich könnte glücklicher nicht sein, was dieses eine Jahr alles mit sich gebracht hat.
In letzter Zeit habe ich einige Leute wiedergesehen, mit denen sich ein Treffen in den vergangenen Monaten nur selten einrichten ließ. Dabei hörte ich immer wieder Sätze wie: „Der neue Job steht dir gut“ oder „Du siehst glücklich aus“; auch: „Man merkt, dass es dir viel besser geht, jetzt.“ Auf der einen Seite freut mich das natürlich, dass meine innere Zufriedenheit auch nach außen abstrahlt. Auf der anderen Seite zeigt mir das nachträglich , welchen Rabbau ich mit mir selbst viel zu lange betrieben hatte – immer im besten Glauben, dass das alles ja schon irgendeinen Sinn machen würde.
Hat es nicht.
Stress und Überforderung
Ich kann bis heute nicht sagen, auf wie viel Prozent ich am Schluss eigentlich gefahren bin. Wie viele Dinge ich gleichzeitig gemacht habe, worüber ich teilweise als Einzige den Überblick hatte. Anhand meiner Überstunden, meines Übergewichts und meiner Übermüdung konnte man es aber in etwa schätzen. Ein Teufelskreis, aus dem der einzige mögliche Ausbruch die Kündigung war. Und ein Neuanfang mit anderen Rahmenbedingungen, anderen Ansprüchen an mich selbst und der Gewissheit, dass ich nach dieser Erfahrung erst einmal einen Job brauche, bei dem ich nicht alleine die Verantwortung für zwei Tätigkeitsfelder habe.
Nun ist wie gesagt ein Jahr vorbei. Ein Jahr, in dem ich zum ersten Mal Vollzeit nur einen einzigen Job machen durfte – den einer Pressereferentin. Ein Jahr, in dem ich gemerkt habe, dass das genau der Job ist, den ich auch weiterhin machen will, aber bitte, so wie jetzt, nicht als One-Woman-Show – sondern in einem tollen, motivierenden Team, bei dem sich jeder auf den anderen verlassen kann und immer jemand zur Unterstützung einspringen kann, der auch Ahnung von dem hat, was ich da tue.
Bis zur Selbsterkenntnis ist es ein langer Weg
In diesem Jahr habe ich viel über mich selbst gelernt. Mit genügend Abstand erkenne ich jetzt auch, was dazu geführt hat, dass ich als Ausweg nur noch die Kündigung sah, anstatt weiterhin die Zähne zusammenzubeißen und auf Besserung zu hoffen. Warum ich überhaupt in die Lage kam, so viel zu viel an Arbeit stemmen zu wollen/sollen/müssen. Meine Belastungsgrenzen hatte ich in jedem Fall ausgereizt, und eines weiß ich – so weit will ich es nie wieder kommen lassen.
Allein, das Problem dabei ist folgendermaßen: Ich liebe meine Arbeit. Sogar sehr. Ich kann mir weder vorstellen, in einer anderen Branche als der Buchwelt zu arbeiten, noch, einen Job auszuüben, der nichts damit zu tun, Leuten von großartigen Büchern vorzuschwärmen. Kann man sich denn etwas besseres vorstellen?! Eben. Nun führt aber genau diese Begeisterung schnell dazu, dass ich mich in meiner Arbeit verliere, und irgendwann schau ich auf die Uhr, und es ist schon wieder viel später als ich eigentlich wollte. Beziehungstechnisch klappt das auch nur, weil der Mann ebenfalls Workaholic ist, da schaffe ich es meistens gerade noch so, 5 Minuten vor ihm zur Haustür reinzuschlüpfen und schnell das Nudelwasser aufzusetzen.
Was also tun, um die richtige Balance zu halten zwischen einerseits auf mich aufzupassen und meine Bedürfnisse nicht zu kurz kommen zu lassen, und andererseits der Leidenschaft und Begeisterung Raum zu geben und die Arbeitsliebe auszukosten? Welche Strategien sollte ich verfolgen, um frühzeitig zu erkennen, wenn die Situation wieder in eine Stressspirale gleitet?
„Achte dich selbst, wenn du willst, dass andere dich achten sollen!“¹
Im vergangenen Jahr habe ich auch in dieser Hinsicht zum einen viel gelernt, zum anderen aber auch viele ausprobiert. Ich habe Ratgeber gelesen, war wandern, habe mir verschiedene Kalender gekauft, Entspannungstechniken versucht, und und und. Was von all dem geblieben ist, ist eine vage Vorstellung davon, wie wichtig Achtsamkeit sich selbst gegenüber ist, um schon früh etwas gegen den Stress und die Überforderung zu tun. Die veränderte Außenwirkung, die mir schon nach wenigen Wochen im neuen Job attestiert worden war, sie war auch ein Ergebnis dessen, das sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder auf mich achtete, meine eigenen Bedürfnisse wahrnahm und mich selbst an erster Stelle setzte. Dadurch war ich mit einem Mal viel entspannter – und strahlte das auch aus.
Nun bin ich wieder in einem neuen Job, in der Pressestelle eines ganz neuen Verlags, der verspricht, durchaus knackig uns stressig zu werden – aber nur, soweit ich das zulasse. Und weil das Thema der Achtsamkeit, der Selbstliebe und Balance mich jetzt schon so lange begleitet, möchte ich es nicht länger nur für mich behalten. Ich möchte alle Interessierten daran teilhaben lassen, was an Techniken, Vorgehensweisen und Strategien für mich funktioniert und was nicht, und vor allem: warum und warum nicht etwas funktioniert. Wie ich versuche, den Stress zu beherrschen und nicht, mich beherrschen zu lassen. Welche Hilfsmittel ich verwende. Was Achtsamkeit auch für Auswirkungen in andere Lebensbereiche hat. Darüber möchte ich hier an dieser Stelle schreiben und berichten, und ich würde mich freuen, wenn ihr mich dabei begleitet.
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