Ich arbeite in der Buchbranche, ich lese nicht

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Es mag verrückt klingen, aber immer wieder habe ich dieses Gefühl: Ich komme nicht zum Lesen. Für jemanden, der in der Buchbranche arbeitet, natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Immerhin erscheinen  allein in dem Verlag, in dem ich das Glück habe zu arbeiten, jeden Monat (!) 5-7 neue Titel. Auch in anderen Verlagen unseres Hauses kommen viele tolle und spannende Bücher heraus. Die werden in unserem In-House-Buchladen so toll präsentiert und machen jedes Mal Lust, das Gehalt gleich an Ort und Stelle für neuen Lesestoff auszugeben. Und dann gibt es ja noch die vielen vielen anderen tollen Verlage, die großartige Bücher auf den Markt bringen, so dass man eigentlich gar nicht weiß, wo man anfangen soll mit Lesen.

Die Voraussetzungen, viel zu lesen sind also ideal, scheint es. Wenn ich mir die KollegInnen, Freunde und Bekannte aus der Branche so ansehe (vornehmlich deren Social Media Accounts), scheint jeder um mich herum beständig und immer am Lesen, Lesen, Lesen zu sein. Da werden ganze Sonntage im Bett verbracht und ein Buch nach dem anderen verschlungen (fürs Wochenende reichen drei Bücher gerade so aus), für einwöchige Urlaube packt man 10 Bücher ein und wie Rory Gilmore sind in der Handtasche jederzeit mehrere Bücher für jede Gelegenheit griffbereit – von den hunderten auf dem eReader ganz zu schweigen, die jederzeit verfügbar auf Ihre große Stunde warten.

Schöne Social Media Welt

Natürlich weiß ich, dass man die schöne Social Media Welt nicht als Maßstab nehmen sollte. Trotzdem habe ich beständig das Gefühl, hinterherzuhinken was meinen Lesestatus angeht. Das letzte Intagram-Bild von einem Buch habe ich, Moment, im Januar gepostet.

In Wirklichkeit aber lese ich ständig. Nur eben, wie jeder in meinem Job , nicht die Bücher, die gerade aktuell sind. Sondern die kommenden Bücher aus unserem Herbst- und sogar schon aus dem Frühjahrsprogramm des nächsten Jahres. Gerade im Moment einen superspannenden Krimi, danach steht ein Sachbuch über die Geschichte der Menschheit auf der Liste, und anschließend wird es eine generationenübergreifende Familiengeschichte sein. Diejenigen unserer Bücher, die gerade erschienen sind oder demnächst erscheinen habe ich schon vor Monaten gelesen – und darf natürlich vorab noch nichts darüber verraten oder sie gar rezensieren.

Beruf und Vergnügen

Ich lese also nicht wenig. Ich lese quasi beruflich. Und da kommt wahrscheinlich dieses Gefühl her, es sei nicht so viel wie es sein könnte. Denn auch wenn ich unsere Bücher großartig finde und sie mit Genuss lese, ist es doch ein Stück weit Verpflichtung. Zum reinen Vergnügen lesen, dazu zählen Bücher, die ich mir spontan in der Buchhandlung kaufe, aus Eigeninteresse bestelle oder weil eine Freundin sie mir empfohlen hat. In die ich beim Lesen voll abtauchen kann, weil ich nicht ständig verwertbare Stellen für die PR-Arbeit aufspüren will. Die mich ablenken. Mit denen ich einen launigen Nachmittag verbringen kann. Und von diesen Büchern gab es in der letzten Zeit eher wenige. Im lezten Jahr: 8. In diesem Jahr: Immerhin schon 3.

Mindestens wieder auf 8 „Freizeit“-Bücher zu kommen, vielleicht schon im ersten Halbjahr 2017, wäre ein Traum. Aber Träume sind ja auch da, um verwirklicht zu werden. Daher wird morgen ein neues Buch angefangen, das schon seit dem letzten Urlaub auf dem Reader wartet, entdeckt zu werden. Ich freu mich drauf!

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Autor: Kitty

Büchermachender Bücherwurm mit feministischen Tendenzen und einer dunklen Vergangenheit im Bildungswesen. Kommuniziert viel, gerne und macht das irgendwie auch beruflich.

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